1983 - Hitlers falsche Tagebücher

Grundlagen zum Thema 1983 - Hitlers falsche Tagebücher
Die Geschichte müsse umgeschrieben werden, meint der Stern. Was Chefredakteur Koch nicht weiß: Statt Hitlers Tagebüchern präsentiert er eine Fälschung des Kunsthändlers Kujau. Eine ZDF-Diskussion weckt erste Zweifel, eine Untersuchung bringt es an den Tag. Der vermeintliche Coup wird zum Super-Flop.
Transkript 1983 - Hitlers falsche Tagebücher
Berlin, 20. April 1945: Die letzte Ju verlässt die eingeschlossene Reichshauptstadt. Das Personal der Reichskanzlei wird ausgeflogen. Nach anderthalb Stunden stürzt die Maschine bei Börnersdorf in Sachsen ab. Stuttgart, Schreiberstraße 70. Was hier entsteht, wird als Original verhökert. Das Geschäft mit Dokumenten aus der Nazi-Zeit, es boomt. Falscher Hitler, echter Kujau. Man kennt den Fälscher in der Szene als Professor Dr. Fischer. Allein ein Sammler aus dem Schwäbischen kauft mehr als 1.000 Hitler-Dokumente im guten Glauben an die Echtheit. Für diesen Sammler schreibt Kujau 1978 das erste Hitler-Tagebuch. Noch nicht für Geld. Aus purer Lust am Fälschen. „Ich habe einfach drauf zugeschrieben. Normal habe ich genauso gehandelt wie ein Fälscher von Bildern. Man muss sich in diesen, in den Schriftgeber oder den Bildgeber muss man sich reinversetzen. Und das habe ich getan. Fertig. Und ich habe aber nicht geguckt: Ist das besonders ohne Kunststoff gebunden und so? Das war doch mir scheißegal.” Das erste Tagebuch. Schon mit FH, den irrwitzigen Initialen, Führer Hitler. Angeblich, so Fischer, gerettet aus den Trümmern eines Flugzeugs. Hitlers Tagesablauf frei nach Kujau. „1. Februar: Ich erlasse einige Verfügungen. 9. Februar: Eröffnung der Olympia-Ausstellung in Berlin. Konnte nicht teilnehmen. Mein Magen ist kaum noch fähig, etwas anderes aufzunehmen als Arzneien.” Gerd Heidemann, Reporter des Stern, erfährt von diesem Tagebuch und nimmt die Fährte auf. Was folgt, preist Heidemann als gründliche Recherche. Die erlogene Fundgeschichte um das erste Tagebuch führt ihn nach Börnersdorf zur Absturzstelle der besagten Ju. Was ihn und seine Stern-Chefs lockt, ist Hitler privat. Inzwischen hat er auch den Lieferanten Kujau aufgespürt und bietet 85.000 Mark pro Band. 27 Tagebücher kann er liefern, verspricht Kujau. Bargeld lacht. „Jetzt stellen Sie sich doch bitte vor: Sie sitzen da und dann bietet Ihnen einer 2.000.000 abzüglich 10 Prozent Provision für sich, wenn ich ihm die Hitler-Tagebücher beschaffe. Da habe ich zehn Tage Bedenkzeit. Und dann habe ich grünes Licht gegeben. Ist doch selbstverständlich. 2.000.000 waren viel Geld.” Und so entsteht die Fälschung des Jahrhunderts. Wie, das zeigt der Fälscher uns noch Jahre später gerne. Eine Schützenschnur aus dem Zweiten Weltkrieg, dazu Asche, Spucke, Schleifpapier. Mit Spaß am falschen Spiel wechselt er die Einbände und kreiert sein Führersiegel. Dahinter Kujaus Sicht von deutscher Geschichte. „Der kleine Goebbels macht schon wieder Geschichten mit Frauen. Werde in den nächsten Tagen einen geheimen Erlass herausgeben, dass ich von meinen engsten Mitarbeitern und den Parteiführern im Reich keinerlei Affären mehr wünsche.” „41, super.” Der Stern lässt unterdes die Bücher prüfen. Die Experten sind sich einig: Alles echter Hitler. Doch in Wahrheit vergleichen sie gefälschte Dokumente. Echte Kujaus. Anfang April 1983: Die Tagebücher werden mittlerweile in einem Schweizer Banksafe aufbewahrt. Da einigt sich die Verlagsleitung auf den 10. Mai als Startschuss für den Scoop. Die Zeit drängt. Verhandlungen mit internationalen Medienkonzernen gefährden die Geheimhaltung. Doch der Stern will die Bombe selbst platzen lassen, in der Hoffnung auf die Rückkehr all der investierten Millionen. 22. April 1983: Die Presseagenturen melden Unerhörtes. Der Stern wird die geheimen Tagebücher Hitlers publizieren. Presserummel im Verlagshaus von Gruner + Jahr. Die Geschichte des Dritten Reiches, so wird hier verkündet, werde in großen Teilen neu geschrieben werden müssen. Fotografen bitten den Kollegen Heidemann, die Tagebücher in die Kameras zu halten. Das Bild bleibt im Gedächtnis. Doch schon am nächsten Tag, im ZDF, kippt der Kronzeuge des Stern. „Der Grund, aus dem ich meine Meinung geändert habe, ist einfach der, dass ich nicht mehr glaube, dass die Herkunft der Dokumente tatsächlich etabliert worden ist.” 16 Jahre später gibt er preis, dass der Stern ihn umzustimmen suchte. „Eine Dame vom Stern kam zu mir und bot mir viel Geld, wenn ich nach Hamburg käme und erklären würde, dass die Tagebücher echt seien. Das habe ich abgelehnt.” Eine letzte Probe soll die Zweifler zum Verstummen bringen. Das Bundesamt für Materialprüfung wird eingeschaltet. In aufwendigen Labortests wird hier Papier und Einband untersucht. Schon der erste Befund spricht deutlich gegen die Echtheit. Unter ultraviolettem Licht fluoresziert das Papier. Indiz für sogenannte Weißmacher, die man erst nach dem Krieg verwendet hat. Die Bombe platzt: Der Scoop des Jahrhunderts ist tatsächlich eine journalistische Blamage ersten Ranges. Die Entschuldigung des Tagebuchbeschaffers Heidemann fällt eher mager aus. „Im Nachhinein hat ja nun Strafantrag gestellt. Er musste ja irgendwas unternehmen. Wir nehmen das aber auch nicht böse. Ich hatte gehofft, ich liefere ihm zum Abschluss seiner Arbeit beim Stern die größte Geschichte. Nur war es der größte Reinfall. Tut mir sehr leid.” Im Prozess schiebt der bauernschlaue Fälscher seinem Partner Heidemann den braun-schwarzen Peter zu. Er kann nicht glaubhaft machen, dass er von der Fälschung nichts gewusst hatte. Er ist das Bauernopfer. Urteil für Betrug und Fälschung. Kujau: Vier Jahre und sechs Monate. Heidemann, weil nicht geständig: Zwei Monate mehr. Der Schaden für den Stern ist nicht zu messen. „Der Stern hat natürlich durch die Hitler-Tagebücher einen schweren Schlag in seiner Glaubwürdigkeit erlitten. Und er hat natürlich danach alles versuchen müssen, um diese Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Das heißt, viele Dinge wagen konnte er nicht. Er musste sich sozusagen unendlich seriös verhalten. Und das ist für eine Illustrierte immer eine schwierige Situation.”Hitlers falsche Tagebücher. Eine Posse. Und doch Indiz für den morbiden Reiz des Bösen.

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