E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann - Personenkonstellation
Am Abend, wenn es dunkel wird, kommt der Sandmann und bringt den Kindern eine Geschichte mit. Für die meisten Menschen ist der Sandmann ein friedliches Fabelwesen, das mit einer Portion Schlafsand nachhilft, wenn sie mal nicht einschlafen können. Nicht aber beim romantischen Schriftsteller E.T.A. Hoffmann.
E.T.A Hoffmann macht aus der volkstümlichen, friedlichen Figur einen unheimlichen Dämon. Vielleicht ist der Grund dafür, dass der Schlaf – so sagt man – der kleine Bruder des Todes ist?
Der Sandmann – so heißt Hoffmanns gleichnamige Erzählung, die im Jahr 1816 erstmals erschienen ist. In dieser Erzählung ist sein Protagonist nicht etwa ein friedliebendes Fabelwesen. Hoffmanns fiktiver Sandmann reißt den Kindern nämlich die Augen heraus. Unheimlich, oder? Die Erzählung ist eine echte Horrorgeschichte, denn Hoffmann lässt die unheimliche Phantasiegestalt in die alltägliche Welt kommen. Gibt es den Sandmann aber wirklich?
Der Kunststudent Nathanel befürchtet, dass es den Sandmann tatsächlich gibt. In einem Brief berichtet er seinem Freund Lothar, dass es ihm nicht gutgehe, weil er eine unheimliche Begegnung gehabt habe. Sie erinnert ihn an seine Kindheit. Nathanael schildert in der Rückblende, wie sehr ihn als Kind die Angst vor dem Sandmann gequält habe. Dunkle Befürchtungen verfolgen ihn bis heute.
Ist Nathanael verrückt oder gibt es tatsächlich jemanden, der ihm nach dem Leben trachtet? Hoffmann lässt das offen. Es gibt Hinweise in die eine, wie in die andere Richtung.
Clara, Nathanaels Verlobte glaubt nicht an den Sandmann. Sie hält die Geschichte mit dem Sandmann für ein Ammenmärchen. Clara ist fest davon überzeugt, dass er sich alles nur einbildet. Sie möchte Nathanael davon abbringen, immer noch seinem Kindheitstrauma nachzuhängen. Manchmal übertreibt sie aber ihren Wirklichkeitssinn so sehr, dass sie Nathanaels Dichtung lächerlich macht.
Dieser Streit ist der Anfang einer wachsenden Entfremdung zwischen den Liebenden. Dabei hat noch keiner den Sandmann jemals wirklich gesehen. Seine Macht besteht allein darin, welche Vorstellung sich die Figuren jeweils von ihm machen.
Gemäß der Dualität von Realität und magischer Welt – wie sie Hoffman in seiner Erzählung einsetzt – ist jeder Figur der Geschichte eine Gegenfigur zugeordnet. Sie spiegeln sich jeweils ineinander. Die automatische Puppe Olimpia ist die Doppelgängerin von Clara. Je tiefer Nathanael sich in die Phantasiewelt verstrickt, desto mehr verdrängt Olimpia Clara aus seiner Erinnerung.
Anders steht es um die Figuren Coppelius - Coppola: Die ähnliche Buchstabenkombination legt eine Identität der beiden nahe. Beide sind gleich bedrohlich für den Geisteszustand von Nathanael.
Hoffmann löst diesen Widerspruch zwischen Realität und Phantasie nicht auf. Seine Figuren sind durch ein Netz von Verweisen aufeinander bezogen. Reale und magische Welt verweben sich zu einem Ganzen. Der Leser kennt sich am Ende nicht mehr aus. Er kann nur hoffen, dass die Ursache für all die unheimlichen Ereignisse, der Wahnsinn Nathanaels ist.
Leider bricht auch dieses Video ab. Die Klasse war begierig, dem Vortrag zu folgen. Könnten Sie bitte das technische Problem beheben?