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Die Autor*innen
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Anne-Katrin Niemeyer
Catull – Carmen 70
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Grundlagen zum Thema Catull – Carmen 70

Liebesgedichte - gab es die auch schon in der Antike? Tatsächlich! Der Dichter Gaius Valerius Catullus, kurz Catull, schrieb als einer der ersten Römer ganz persönlich über Liebe zu einer Frau. Er lebte am Ende der römischen Republik, nämlich von 84 bis 54 vor Christus. In seinen Gedichten – auf Lateinisch: carmina - geht es um unerfüllte Liebe, Sehnsucht, aber auch Verachtung und ganz alltägliche Dinge. Eine Frau kommt dabei immer wieder vor - Lesbia. In diesem Video lesen wir gemeinsam das carmen 70 Catulls. Wir lesen es metrisch vor und übersetzen den Text. Anschließend analysieren und interpretieren wir ihn. Dabei erfährst Du auch etwas über die mysteriöse Lesbia. Viel Spaß beim Lernen!

Catull – Carmen 70 Übung

Du möchtest dein gelerntes Wissen anwenden? Mit den Aufgaben zum Video Catull – Carmen 70 kannst du es wiederholen und üben.
  • Gib den Inhalt des Gedichtes wieder.

    Tipps

    Erinnere dich, was das Hauptthema des 70. Gedichts ist. Es geht darin nicht nur um die Liebe.

    Was versteckt sich hinter dem Begriff „Pseudonym“?

    Acht Kärtchen bleiben übrig!

    Lösung

    Gaius Valerius Catullus (84-54 v. Chr) hat in der lateinischen Literatur einen besonderen Stellenwert. Er ist der erste bekannte lateinische Liebesdichter. Die Themen seiner Gedichte sind so unterschiedlich wie die Liebe selbst. So variiert er auch mit den Versmaßen und Gedichtlängen, was es uns erlaubt, sein Werk etwas zu gliedern. So beschreibt es auch unser Lückentext zum Werk des Catulls und zum carmen 70:

    Von Catulls Gesamtwerk sind uns insgesamt 116 Gedichte überliefert. Im Lateinischen heißen sie „Carmina“. Sie sind in verschiedenen Versmaßen geschrieben. Catulls Gedicht-Sammlung wird in drei Teile gegliedert. Das 70. Gedicht gehört zum dritten Teil. Alle Gedichte in diesem Teil sind im Versmaß des elegischen Distichons verfasst.
    Inhaltlich beschäftigt sich das carmen 70 mit den Themen Frauen, Hochzeit, Liebe und Begierde. Die von Catull angesprochene mea mulier ist wahrscheinlich die Hauptadressatin seiner Gedichte, Lesbia. Ihr hat der Dichter viele carmina gewidmet. Wahrscheinlich verbirgt sich dahinter eine reale Frau.

  • Interpretiere das carmen 70 von Catull.

    Tipps

    nubere, nubeo, nupsi, nuptum (heiraten) wird mit dem Dativ gebildet.

    Erinnerst du dich an den Mythos von der jungen Frau Europa, die von einem Stier entführt wurde?

    Lösung

    An Catulls carmen 70 kannst du gut die Struktur eines Epigramms erkennen. Es sind meist kürzere Gedichte. Zum Ende hin wirst du oft eine Wendung oder Pointe finden, die den Ersteindruck des Gedichtes komplett umwirft.
    Das Ende eines Epigrammes muss daher immer besondere Beachtung finden. Der Dichter verwendet oftmals scharfsinnigen Humor oder überspitzte Darstellungen, um seine Gedanken zu übermitteln.
    Catull baut am Ende nicht umsonst das Bild der Naturgewalten auf. Er hätte auch direkt sagen können, dass niemand Wert auf die Liebesschwüre Lesbias legen sollte. Aber er bauscht die Aussage so sehr auf, dass sie den Lesenden auf jeden Fall in Erinnerung bleibt.

    Folgende drei Aussagen sind richtig:

    • Catull vermittelt zunächst einen positiven Eindruck, zerstört diesen aber im letzten Satz.
    • Nulli (V. 1) und mihi (V. 2) stehen im gleichen Kasus.
    • Jupiter ist nicht nur der oberste Gott, sondern gilt in der antiken Mythologie auch als Frauenheld. (Denke nur zum Beispiel an die Geschichte von Zeus und Europa. Der Gott verwandelt sich in einen Stier, um die junge Frau nach Kreta zu entführen.)

  • Analysiere die Metrik der ersten beiden Verse.

    Tipps

    Das Gedicht steht im elegischen Distichon. Somit ist der erste Vers ein Hexameter und der zweite Vers ein Pentameter.

    Das Versmaß des Pentameters sieht folgendermaßen aus:

    $-\cup\cup~|-\cup\cup~|-||-\cup\cup~|-\cup\cup~|-$

    Nur lange Silben können betont werden.

    Die erste Silbe des Verses ist immer betont – sowohl im Hexameter als auch im Pentameter.

    Im Pentameter ist die letzte Silbe betont.

    Lösung

    Es gibt Epigramme in vielen verschiedenen Versmaßen. Das meistbenutzte davon ist das elegische Distichon. Dieses besteht immer aus zwei aufeinanderfolgenden Versen.

    Im ersten Vers steht ein Hexameter, wie du ihn auch aus der Epik kennst. Hier kommt noch einmal zur Erinnerung das Versmaß des Hexameters:

    $-\cup\cup~|-\cup\cup~|-\cup\cup~|-\cup\cup~|-\cup\cup~|-~$x

    Die zwei Kürzen können jeweils durch eine Länge ersetzt werden.

    Im zweiten Vers steht ein Pentameter. Dieser besteht aus zwei Mal zweieinhalb Versfüßen. Deswegen ist der Pentameter in der Mitte durch eine starke Zäsur (||) getrennt. Im Schema sieht der Pentameter so aus:

    $-\cup\cup~|-\cup\cup~|-||-\cup\cup~|-\cup\cup~|-$

    Hierbei kannst du nur in den ersten zweieinhalb Versfüßen die zwei Kürzen durch eine Länge ersetzen. Die zweite Hälfte des Pentameters sieht immer so aus wie im Schema angezeigt.

    Beide Verse haben also sechs Tonstellen, das heißt sechs betonte Silben. Die betonten Silben sind im Schema als lange Silben gekennzeichnet. Hier im Lösungsweg sind sie mit einem Iktus (´) gekennzeichnet.

    1. Núlli sé dicít muliér mea núbere málle
    2. quám mihi, nón si sé Iúppiter ípse petát.
  • Vervollständige die Übersetzung des Gedichts.

    Tipps

    Überprüfe genau, welche Wörter des Epigramms in der Übersetzung fehlen!

    Im ersten Vers folgt auf dicit ein AcI. Überlege dir, welcher Infinitiv von dem anderen abhängig ist.

    Hier noch einige Vokabelhilfen:

    • cupidus, cupida, cupidum – begierig
    • malle, malo, malui – lieber wollen
    • nubere, nubo, nupsi, nuptum – heiraten (+ Dat.)
    • petere, peto, petivi, petitum – bitten, begehren
    • rapidus, -a, -um – reißend

    Lösung

    In Epigrammen versuchen Dichter, wichtige Gedanken auf wenig Raum zu verarbeiten. Daher ist die Struktur dieser Gedichte meist sehr eng und verdichtet. Es werden keine ausschweifenden Motive aufgebaut, wie zum Beispiel in der Epik.
    In einer deutschen Übersetzung lässt sich diese knappe Struktur nur selten genau wiedergeben. Wo es geht, solltest du nah am Originaltext bleiben. Ein Epigramm wirkt nicht nur durch den Inhalt, sondern eben auch durch den charakteristischen Aufbau.

    Hier nun eine mögliche Übersetzung des carmen 70:

    1. Meine Frau sagt, dass sie niemanden lieber heiraten wolle
    2. als mich, nicht einmal, wenn Jupiter selbst sie begehren würde.
    3. Sagt sie: Aber was eine Frau einem begierigen Liebenden sagt
    4. muss man in den Wind und in das reißende Wasser schreiben.

  • Fasse das Gedicht zusammen.

    Tipps

    Überprüfe anhand der deutschen Übersetzung den inhaltlichen Ablauf des Gedichtes.

    Wo kannst du in einem Epigramm die Pointe finden?

    Das Wort sed markiert eine inhaltliche Veränderung im Gedicht.

    Lösung

    Da Epigramme meist kurze Gedichte sind, legen die Autoren viel Wert auf deren Aufbau. Meist findest du innerhalb der Verse eine klare Unterteilung der Gedanken des Dichters.

    So einen punktgenauen Aufbau findest du auch in carmen 70:
    Vers 1: Nulli se dicit mulier mea nubere malle
    Vers 2: quam mihi, non si se Iuppiter ipse petat.
    Vers 3: dicit: sed mulier cupido quod dicit amanti
    Vers 4: in vento et rapida scribere oportet aqua.

    Oftmals steht am Anfang eine klare Aussage, die verdeutlicht, was das Thema dieses Gedichtes ist. Das geschieht nicht zwingend nur im ersten Vers, sondern kann sich bei längeren carmina auch auf mehrere Verse ausdehnen. Im carmen 70 sind es die ersten beiden Verse. Catull gibt den Lesenden zu verstehen, dass seine mulier ihn gern heiraten möchte – mehr sogar noch als Jupiter.
    So haben Leser*innen das Gefühl, dass es sich um ein Liebesgedicht handelt. Aber in den letzten beiden Versen bricht der Dichter damit. Catull macht es auch in der Sprache deutlich, indem er sed verwendet. Das „aber“ leitet den weiterführenden Gedanken ein. Dieser ist allerdings nicht positiv.

  • Vergleiche Catulls carmen 72 mit dem carmen 70.

    Tipps

    Versuche, ähnliche Bilder in beiden Gedichten zu finden.

    Vergleiche den Aufbau der beiden Gedichte. Gibt es einen Bruch im Motiv oder eine scharfsinnige Pointe am Ende?

    Drei Aussagen sind korrekt.

    Lösung

    Die beiden Epigramme stammen aus dem dritten Abschnitt der Gedichtsammlung von Catull. Einen ähnlichen Inhalt behandeln die beiden Gedichte aber nicht dadurch, dass sie so nah aufeinanderfolgen. In Epigrammsammlungen wie dieser werden viele Themen unabhängig von der Reihenfolge der Gedichte behandelt. Zusammenhänge erkennst du eher an gleichen Motiven oder ähnlichen Formulierungen.

    In unseren beiden Vergleichsgedichten stößt man auf zwei vergleichbare Motive:

    1. Die Geliebte zieht den Dichter dem Gott Jupiter vor.
    2. Der Liebende ist mehr von seiner Leidenschaft als von wahrer Liebe getrieben.
    Wenn du die beiden Gedichte in der Struktur und der lateinischen Wortwahl vergleichst, wirst du weitere Übereinstimmungen finden.

    Zu den richtigen Antworten gehören:

    • Beide Gedichte gehören zum dritten Abschnitt der „Carmina“ Catulls.
    • Der Aufbau des 72. Gedichtes entspricht der epigrammtypischen Struktur, die auch das 70. Gedicht hat. – Du findest am Anfang ein positives Liebesbild. Dieses bricht der Dichter in der Mitte auf. Und das Gedicht endet mit einer scharfsinnigen Pointe.
    • In Gedicht 72 zieht die Geliebte ebenfalls den Dichter dem Gott Jupiter vor. – Die Aussage gehört in beiden Gedichten zum ersten Teil, dem positiven Liebesbild.
    Falsch sind hingegen die anderen zwei Aussagen:
    • In carmen 72 geht es um eine andere Frau als in carmen 70. – In carmen 70 spricht der Dichter nur von mea mulier. Aber weil das Bild in carmen 72 so ähnlich ist, können wir davon ausgehen, dass beide Male Lesbia gemeint ist.
    • Weil im 72. Gedicht direkte Namen genannt werden, können wir davon ausgehen, dass Catull das Gedicht an Lesbia geschickt hat. – Es ist verlockend, aus Gedichten auf die Biographie des Dichters zu schließen. Aber das ist oftmals nicht richtig oder nicht zu 100% möglich. Abgesehen davon ist Lesbia ein Pseudonym für seine Geliebte. Es wäre seltsam, wenn der Dichter seine Geliebte in einem persönlichen Gedicht mit Pseudonym ansprechen würde.

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